Der Alligator ist in aller Munde. Seit Beginn der ukrainischen Offensive, die auf gut vorbereitete russische Verteidigungslinien trifft, gilt der Kampfhubschrauber Kamow Ka-52 hiesigen Medien als manifestierter Schrecken aus der Luft, der Jagd auf ukrainische Panzer macht. Dabei spielt der Alligator den Vorteil seiner laserstrahlgeführten Distanzwaffen aus und operiert – anders als zu Beginn der russischen Invasion – ausschließlich im russisch kontrollierten Luftraum, außerhalb der Reichweite ukrainischer Flugabwehr.
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Die zweisitzige Kamow Ka-52 Alligator basiert auf der einsitzigen Ka-50. Daher rührt auch die ungewöhnliche Side-by-Side-Auslegung des co*ckpits: Es war die günstigste und am wenigsten aufwändige Lösung, einen zweiten Sitz unterzubringen.
Verlustreiche Einsätze
Die Ka-52 wird seit 2008 bei Progress in Arsenjew, im Fernen Osten Russlands, in Serie gebaut. Erkennungszeichen sind der für Kamow-Konstruktionen typische Koaxial-Hauptrotor sowie die Side-by-side-Anordnung der Pilotensitze. Die bisherigen Stückzahlen sind überschaubar, vor Beginn der Invasion in der Ukraine standen den russischen Streitkräften etwa 130 Alligator-Exemplare zur Verfügung. Zwischen 25 und 40 gingen seither bei Kampfhandlungen verloren – vor allem in der Anfangsphase des Krieges, als die Ka-52 verstärkt und ohne ausreichende Luftunterstützung hinter die feindlichen Linien stießen und so gehäuft zum Ziel von Manpad-Angriffen wurden.
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Der "Super-Alligator" kommt
Ihre Feuertaufe erlebte die Ka-52 allerdings nicht in der Ukraine, sondern ab 2016 im syrischen Bürgerkrieg. Die dort gesammelten Erfahrungen mündeten in den Entwurf einer verbesserten, modernisierten Variante des Hubschraubers: der Ka-52M. Diese, in Russland auch als "Super-Alligator" bezeichnete Version fliegt seit August 2020. Die ersten Serienexemplare fanden laut russischen Medienberichten im Januar 2023 ihren Weg zu den Streitkräften – und sind jetzt offenbar auch in der Ukraine angekommen. Das zumindest schlussfolgert – neben dem britischen Geheimdienst – der renommierte Fachmann für russische Militärluftfahrt Piotr Butowski in einem Artikel für "The Warzone". Butowski und die Briten beziehen sich gleichermaßen auf Fotos, die auf dem russischen Telegramkanal "Fighterbomber" aufgetaucht sind, und auf denen russische Alligator-Piloten mutmaßlich vor frisch gelieferten Ka-52M posieren.
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Die Ka-52 kann bis zu 2.800 Kilogramm Waffen tragen. Dazu kommt die 30-Millimeter-Bordkanone 2A42 mit 460 Schuss Munition.
Wie gehabt, nur besser
Was aber macht die Ka-52M denn nun zum "Super-Alligator"? In erster Linie zeichnen dafür neue Systeme verantwortlich, die ihren Weg in und an den Kampfhubschrauber gefunden haben. So besitzt die Ka-52M das verbesserte optoelektronische System GOES-451M, das eine Wärmebildkamera, eine TV-Kamera, einen Laserentfernungsmesser und -zielbeleuchter, eine Laserstrahlführung für Panzerabwehrraketen sowie einen Laserspot-Tracker umfasst. Wie das Vorgängermodell GOES-451 residiert es in einer kreiselstabilisierten Kugel unter dem Bug. Allerdings wartet das neue M-Modell mit mehr Reichweite auf. Zudem beinhaltet es eine digitale Unterstützung für die 30-Millimeter-Bordkanone der Ka-52, um deren Zielgenauigkeit zu steigern.
AESA-Radar und Kommunikationskomplex
Des Weiteren arbeitet in der Ka-52M ein neues, luftgekühltes AESA-Radar namens Rezets. Es soll laut Hersteller Zaslon Panzer auf bis zu 45 Kilometer, Eisenbahnbrücken auf 100 Kilometer, Kriegsschiffe (Zerstörer) aus 150 Kilometer, Kampfjets aus maximal 50 Kilometer und einen schwebenden Hubschrauber aus 20 Kilometern Entfernung erfassen. Auch die automatische Kopplung des Hubschraubers mit dem Aufklärungs-, Kontroll- und Kommunikationskomplex Sagittarius stand bei Rüstungskonzern Rostec im Lastenheft für den "Super-Alligator". Bodentruppen können mit der Ka-52M auf diese Weise automatisch Informationen über die Lage auf dem Schlachtfeld austauschen. Darüber hinaus erhielt die Ka-52M ein verstärktes Fahrwerk, eine verbesserte Panzerung der Treibstofftanks, LED-Beleuchtung und ein überarbeitetes co*ckpit, das auch für das Fliegen mit Nachtsichtbrillen optimiert sein soll. Heizelemente für die Rotorblätter halten die Ka-52M selbst bei arktischen Temperaturen voll einsatzfähig.
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Eine neue Lenkwaffe
Ins Waffenarsenal der Ka-52M halten neben dem bewährten Standard-Repertoire der "alten" Ka-52 – namentlich die lasergelenkte Rakete Wichr mit bis zu zehn und die funkgesteuerte Ataka mit sechs Kilometern Reichweite – auch neue Luft-Boden-Raketen Einzug. Dazu zählt zum Beispiel die Lenkwaffe LMUR (Erzeugnis 305) mit Wärmebildsuchkopf und 14,5 Kilometern Reichweite, die bereits an der Mil Mi-28NM eingesetzt wird. Insgesamt trägt der "Super-Alligator" wohl wie gehabt 2.800 Kilogramm Waffenlast an sechs Aufhängepunkten. Auch Wympel-Kurzstreckenraketen für Luftziele, Freifallbomben oder Zusatztanks können unter die Stummelflügel der Ka-52M gehängt werden. Des Weiteren wird über die Nutzung der Lenkwaffe Hermes-A mit bis zu 20 Kilometern Reichweite spekuliert. Spekulationen über einen 100 Kilometer weit fliegenden Marschflugkörper für die Ka-52M bewahrheiteten sich dagegen nicht.
Patrick Zwerger
Die Ka-52M verfügt gegenüber der Ausgangsversion auch über bessere Selbstschutzsysteme, bestehend aus Warnsensoren und Störelementen wie Täuschkörpern (Foto).
Kein Schnäppchen
Den Stückpreis für die neue Ka-52M bezifferte das russische Verteidigungsministerium im Oktober 2021 auf 1,075 Milliarden Rubel. Nach damaligem Wechselkurs entsprach dies rund 15 Millionen US-Dollar. Lenkwaffen, Munition und Bodenausrüstung, Ersatzteile sowie anderes Zubehör seien im genannten Preis jedoch nicht enthalten, heiß es damals. Die russische Armee soll vorerst 30 neue Ka-52M erhalten, bis 2027 könnte die Zahl auf insgesamt 114 anwachsen. Zudem dürften die schon im Dienst stehenden Ka-52 sukzessive auf den "Super-Alligator"-Standard aufgerüstet werden.
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